Der Südwestkirchhof Stahnsdorf gehört neben Venedigs Toteninsel San Michele, dem Wiener Zentralfriedhof und Père Lachaise in Paris zweifellos zu den herausragenden internationalen Begräbnisstätten. Was dort längst zur touristischen Pflicht gehört, muss sich hier erst (wieder) herumsprechen.
Der Südwestkirchhof ist ein Ort der Superlative: der größte Waldfriedhof, die bedeutendsten Denkmäler der Bestattungskunst, die letzte Ruhestätte herausragender Persönlichkeiten, die einzigartige norwegische Holzkirche im Jugendstil.
Von der – durch den Generalbauinspektor Albert Speer – geplanten Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ war nicht nur die lebende Bevölkerung betroffen. Der Südwestkirchhof in Stahnsdorf verdankt seine heutige Ausdehnung nicht zuletzt der Tatsache, dass die Schöneberger Friedhöfe Alter St.-Matthäus-Kirchhof, Neuer Zwölf-Apostel-Kirchhof, Friedhof Schöneberg I und Friedhof Schöneberg IV (Priesterweg) teilweise der geplanten Nord-Süd-Achse im Weg lagen bzw. den Bau neuer Gleisanlagen rund um den ebenfalls geplanten großen Süd-Bahnhof behinderten. Diese Umstände führten zur Schließung und größtenteils auch Räumung der betroffenen Friedhöfe Ende der 1930er-Jahre.
Infolgedessen wurden bis 1940 rund 15.000 Grabstätten von diesen Friedhöfen nach Stahnsdorf umgebettet, unter ihnen auch etliche Gräber bekannter Personen wie die des Architekten Walter Gropius, Vater des Bauhaus-Gründers Walter Gropius, oder des Verlegers Gustav Langenscheidt. Etwa 120 teils repräsentative Familiengrabstätten befinden sich in einem seinerzeit speziell hierfür hergerichteten Gräberfeld, dem Block Alte Umbettung an der nördlichen Grenze des Kirchhofs zur alten Potsdamer Landstraße. Für den Großteil der umgebetteten Gräber von den Schöneberger Friedhöfen wurde der Block Neue Umbettung im südlichen Teil des Südwestkirchhofs angelegt. Die Gebeine von zirka 2000 nicht mehr identifizierbaren Toten aus aufgelassenen Gräbern oder solchen mit abgelaufener Ruhefrist wurden in diesem Bereich in zwei Sammelgräbern bestattet.
Quelle Text: https://www.wikiwand.com/de/S%C3%BCdwestkirchhof_Stahnsdorf
Julius Carl Erdmann Becher (* 6. Januar 1842 in Berlin; † 20. Dezember 1907 ebenda)
war ein deutscher Arzt. Leben Julius Becher studierte in Würzburg und Berlin Medizin. 1862 wurde er in Würzburg Mitglied des Corps Rhenania. Das Studium schloss er 1865 in Berlin mit der Promotion zum Dr. med. ab. Ab 1867 war er niedergelassener Arzt in Berlin. Hier veröffentlichte er zu mehreren medizinischen Themen. Sein Engagement galt der Förderung der berufsständischen Interessen und des kollegialen Vereinslebens. Er war langjähriger Vorsitzender der Ärztekammer Berlin-Brandenburg. Während der Typhus-Epidemie in Stallupönen von 1868 wirkte er als Johanniterarzt. Er war Teilnehmer am Deutschen Krieg und Deutsch-Französischen Krieg.
Julius Becher starb 1907 im Alter von 65 Jahren in Berlin an den Folgen einer Lungenentzündung und wurde auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Schöneberg beigesetzt. Im Zuge der von den Nationalsozialisten 1938/1939 durchgeführten Einebnungen auf dem Friedhof wurden seine sterblichen Überreste auf den Südwestkirchhof Stahnsdorf bei Berlin umgebettet. Sein dortiges Grab ist erhalten geblieben. Becher hinterließ seine Gattin sowie drei Kinder, eine Tochter und zwei Söhne.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Becher
"Effi Briest" - Elisabeth von Ardenne
Als eifersüchtige Ehemänner noch zur Duellpistole griffen, waren Seitensprünge nicht unbedingt gesundheitsfördernd. Dafür waren die Liebesgeschichten dahinter meist roman-würdiger. Fand auch Theodor Fontane ...
Wie aus einem zufälligen Gespräch doch Weltliteratur werden kann … Da saß der schon recht betagte Theodor Fontane bei seiner Gönnerin Emma Lessing zum Diner. Beiläufig erkundigte sich Fontane nach einem gemeinsamen Bekannten. Und da erfuhr er von der Affäre. Ehebruch, Duell, Nebenbuhler erschossen, Frau verstoßen. Und flugs hatte der Schriftsteller die Inspiration für seinen berühmtesten Roman, "Effi Briest".
Der andere tot, die Frau weg
Effi hatte also ein reales Vorbild, die Baronin von Ardenne, geboren 1853 als Elisabeth von Plotho-Zerben. Das Mädchen, kurz Else genannt, wächst frei auf, tollt mit den Bauernbuben durch Wiesen und Wälder, doch damit hat es ein Ende, als sie vierzehn wird. Zu dieser Zeit taucht immer häufiger ein junger Mann auf dem Rittergut auf, der Baron Armand Léon von Ardenne. Noch ist er nur ein Fähnrich, doch bald wird er eine Karriere in der preußischen Armee hinlegen.
In seiner schnittigen Husarenuniform sitzt er am Klavier und beeindruckt mit seinem Geklimpere vor allem die Mutter von Else, die ihre jüngste Tochter gerne unter der Haube sähe. Else selber lehnt den jungen Mann erst einmal ab, heiratet ihn aber dann doch unter dem Druck der verwitweten Frau Mama. Noch am Hochzeitstag verlässt die Jungvermählte das elterliche Gut und zieht mit dem Baron nach Berlin.
Hier findet das junge Paar Anschluss an die gehobene Gesellschaft. Bei den Empfängen des Verlegers Robert Lessing und seiner Gemahlin Emma kreuzen sich die Wege von Else und Theodor Fontane.
Dann wird Ardenne versetzt. Die Familie, mittlerweile sind zwei Kinder geboren worden, geht nach Düsseldorf. Dort begegnet Else einem Mann, der so ziemlich das Gegenteil ihres Gatten darstellt: Emil Hartwich, ein Bürgerlicher, Freigeist, sportlich, künstlerisch begabt. Die beiden verlieben sich ineinander.
Das Verhältnis fliegt auf, als der betrogene Ehemann ein Paket Briefe findet.
Ardenne fordert zum Duell mit Pistolen, Hartwich trifft ein Schuss in den Unterleib und er stirbt vier Tage später in der Charité. Die Ehe von Else wird 1887 geschieden, die Kinder bleiben beim Vater.
Die echte "Effi" dagegen
Effi - im Fontane-Roman - muss sich nach der Scheidung fügen in ein leeres, untätiges Leben. Ihr Autor lässt sie sterben, keine dreißig Jahre alt. Die echte Else aber bildete sich zur Krankenschwester weiter und widmete sich der Pflege nervenkranker Menschen. Sie erlebte das Ende des Kaiserreiches, dessen überkommene und starre Moralvorstellungen in "Effi Briest" angeprangert wurden. Sie erlebte den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Anfänge der Bundesrepublik.
Am 4. Februar 1952 starb Else von Ardenne, 98 Jahre alt.
"Effi Briest" wurde der erfolgreichste Titel Theodor Fontanes. Was Else von Ardenne davon hielt, dass ihr Leben einen Roman abgab, ist nicht bekannt.
Denn zu ihrer literarischen Verwandten Effi hat sie sich niemals geäußert.
Quelle Text: https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kalenderblatt/0402-effi-briest-elisabeth-ardenne-gestorben-102.html
Sein letzter Sommer
Michael Gottschalk war acht Jahre alt, als er starb. Seine Eltern nahmen ihn mit in den Freitod, um vor den Nazis in Berlin zu fliehen. Sein bester Freund schlief gleich nebenan. Er kämpft bis heute gegen das Vergessen.
Wäre damals, als er acht Jahre alt war, nicht von höchster Stelle der Befehl gekommen, über diese Sache unbedingt zu schweigen, so wäre es heute vielleicht nicht entsprechend dringend, darüber zu reden. Über die Sache, die George Will mit jeweils einem kurzen Stocken mittendrin nur „das … Ereignis“ nennt.
So aber lässt sich Hans George Will heute, ziemlich genau 75 Jahre später, mit seinen 83 Jahren in seinem cremefarbenen Wohnzimmer in einen cremefarbenen Sessel in Berlin Grunewald sinken, um sich herum ausgebreitet Fotos und inzwischen cremefarbene Dokumente, die mit seiner besonderen Jungenfreundschaft zu tun haben, die nur drei Jahre gedauert hat. Und die davon handeln, wie sich diese Freundschaft in der Gegenwart einen Platz nimmt. Wie „das ... Ereignis“ eine Form annimmt und am Ende ganz öffentlich sichtbar wird. Die Geschichte hat bislang die Form eines Gedenkgottesdienstes angenommen, einer Novelle, eines Defa-Films, einer Traueranzeige, einer Gedenktafel und nun die einer Zeitungsseite. Und jedes Mal muss George Will ausholen und erzählen.
George Will war fünf Jahre alt, da zog in das Nachbarhaus in der Villenkolonie Grunewald, Seebergsteig 2, eine Familie mit einem Jungen, der nur ein paar Tage jünger war als er selbst. Michael, der Sohn des berühmten Ufa-Schauspielers Joachim Gottschalk, brannte für elektrische Eisenbahnen, genau wie der Nachbarssohn George Will. Und weil die Gottschalks nur in einer Dachwohnung wohnten, die Wills aber den größeren Garten hatten, den Koch, den Gärtner, den Chauffeur, so war Michael schon ganz bald eigentlich immer bei George zu Hause. George holte Michael morgens vor der Schule ab und nach der Schule rannte Michael kurz nach oben zu seiner Mutter, die so bemerkenswert scheu war, dass sie selten das Haus verließ und sich ihre Einkäufe schicken ließ. Der Sohn aß etwas, besprach mit ihr die Hausaufgaben und war meist nach einer halben Stunde wieder unten bei George. „Manchmal kam er sogar nach dem Abendessen noch einmal.“
Was für ein glücklicher Zuwachs. Was für eine Freundschaft. In den Sommern fuhren sie zusammen in das Jagdhaus der Familie Will nach Alt-Schadow im Spreewald, 100 Kilometer Südost, manchmal auch bloß fürs Wochenende, sie gingen schwimmen, hielten ihre Angel in die Fischteiche und stritten sich nie. Jemand schoss ein Foto, darauf ist vorne Michael zu sehen, dahinter George, dahinter die Schwester Tilda und eine Angestellte. Auf dem Foto wird Michael für immer größer aussehen als George, dabei waren sie zu dem Zeitpunkt genau gleich groß.
Michaels berühmten Vater sehen sie kaum, der Nachbar ist damit beschäftigt, „der deutsche Clark Gable“ zu sein. Joachim Gottschalk, die Karriere steil, ist nach nur sieben Filmen ein Star der Ufa, gilt aber zugleich als unprätentiös und erhofft sich durch seine größere Popularität beim Film einen besseren Schutz für sich und die zwei anderen Mitglieder seiner „Mischehe“. Er dreht und reist in seiner Welt der Kunst, die zugleich eine Kunstwelt ist. In Europa wird bis 1941 schon drei Jahre lang gestorben, aber auch gute Laune gilt bei Goebbels als kriegswichtig.
Zur Filmpremiere von „Die schwedische Nachtigall“ im April 1941 verlässt die scheue Meta Gottschalk ein einziges Mal ihre Dachkammer. Ein Fehler. In der Loge neben ihr sitzt unerwartet Joseph Goebbels, der, begeistert von ihrem Mann, zu ihr herüberkommt. Er habe, ließ Goebbels Adjutant ihn später wissen, soeben die Hand einer Jüdin geküsst.
Ein paar Tage später kommt der Brief. Goebbels fordert, dass Gottschalk sich von seiner Frau scheiden lassen soll. Frau und Sohn sollen nach Theresienstadt deportiert werden. Und als Joachim Gottschalk gar nicht daran denkt zu gehorchen, erhält er einen Einberufungsbefehl. Das sind allerdings die Details, die die Erwachsenen erst hinterher erfahren.
Am Abend des 6. November 1941sind Michael und George zum Spielen mit ihren elektrischen Eisenbahnen verabredet. Doch der Vater sagt ab. George, der am nächsten Morgen den Freund zur Schule abholen will, fällt auf, dass die Rollos unten sind. „Die Rollos waren nie unten.“ Weil Michael nicht herunterkommt, geht George allein zur Schule. Als er nach Hause zurückkehrt, werden gerade drei Särge herausgetragen, zwei große und ein kleiner. Ein Polizist – dessen große Haube steht Will noch heute vor Augen – wartet vor dem Haus und sagt abfällig: „Das waren doch nur Juden.“ So erfährt der Achtjährige, dass sein Freund nun nie mehr wiederkommen wird. Weil die Mutter aus jüdischem Hause kam.
Die Familie hatte vor ihrem Freitod versucht, alle Ritzen abzudichten, damit die Kombination aus Schlaftabletten und aufgedrehtem Gashahn in der Küche funktionieren konnte. Alles hatten sie möglichst hermetisch verschlossen. Und nach ihrem Tod schien es auch das Bestreben aller Erwachsenen zu sein: Die Ritzen abzudichten, damit von dieser Geschichte nichts nach außen dringen würde.
George geht am nächsten Tag wie immer in die Schule und meldet, dass der Michael nicht mehr kommen würde. Er sei nämlich tot. „So?“, sagt der Lehrer. So? „Viel mehr war da nicht.“
Nach der Stunde fängt ihn der Lehrer auf dem Flur ab, legt ihm die Hand auf die Schulter – „seltsam, dass man sich an solche Details noch erinnert“, – und sagt: Über das, was da geschehen sei, dürfe er zu niemandem reden. Nie. Die Gestapo hatte auf Befehl von Goebbels die Schule schon unterwiesen. Sie kontrolliert auch, wer trotz des Verbots die Beerdigung in Stahnsdorf besucht. Goebbels ist die Sache nämlich unangenehm, in seinem Tagebuch erwähnt er die „etwas peinliche Nachricht“ vom Tod des Filmstars. Er werde dafür sorgen, dass die Geschichte nicht in Umlauf komme.
Tot waren sie nun schon, jetzt sollten sie noch totgeschwiegen werden.
Text von DEIKE DIENING, https://www.tagesspiegel.de/.../eine.../14784462-2.html
Quelle Bilder: https://www.duesseldorf.de/theatermuseum/online-archiv/ausstellungen/2011/tm-gottschalk.html
Engelbert Humperdinck
Mit der Märchenoper „Hänsel und Gretel“ schuf Engelbert Humperdinck eine der populärsten und bis heute meistaufgeführten Opern. Es gelang ihm, nicht nur in diesem Werk eingängige Melodien mit einem kontrapunktisch dichten Satz und spätromantischer Orchestrierungskunst und Harmonik zu verknüpfen. Humperdincks „Erfolgsgeheimnis“ war es, in seiner melodischen Erfindung an die Natürlichkeit und Volkstümlichkeit, wie sie aus Wolfgang Amadeus Mozarts (1756–1971) „Zauberflöte“, Carl Maria von Webers (1786–1826) „Freischütz“ oder den Spielopern Albert Lortzings (1801–1851) bekannt sind, anzuknüpfen. In Kombination mit den anderen genannten Stilmerkmalen konnte er so eine eigenständige Opernkonzeption nach Richard Wagner (1813–1883) entwickeln, an die schließlich Richard Strauss (1864–1949) anknüpfen konnte.
Humperdinck wurde am 1.9.1854 in Siegburg geboren. Sein Vater Gustav Humperdinck (1823–1902), Rektor des Städtischen Progymnasiums in Siegburg, hatte seine Dienstwohnung, in der Sohn Engelbert zur Welt kam, im Schulgebäude, dem heutigen Siegburger Stadtmuseum. Die musikalische Begabung Engelberts ist auf die Mutter Gertrud Humperdinck, geborene Hartmann (1835–1903), zurückzuführen, die, als Tochter des Paderborner Domkapellmeisters Franz Xaver Hartmann (1794–1853), eine sängerische Ausbildung besaß.
Humperdinck besuchte die Schule in Siegburg und Paderborn, wo er 1871 seine Abiturprüfung ablegte. Mit sieben Jahren erhielt er ersten Klavierunterricht; zum musikalischen Schlüsselerlebnis wurde im Alter von 14 Jahren der Besuch der Oper „Undine“ von Albert Lortzing (1801-1851). Gemäß dem väterlichen Willen begann er nach dem Abitur zunächst eine Bauzeichnerlehre in Siegburg, stellte sich aber im April 1872 mit Erfolg der Aufnahmeprüfung am Kölner Konservatorium. Dort studierte Humperdinck bis 1876, unter anderem bei Ferdinand Hiller (1811–1885). Der Gewinn des Frankfurter Mozartstipendiums ermöglichte ihm 1877-1879 eine Fortsetzung der Ausbildung bei Franz Lachner (1803-1890) und an der Königlichen Musikschule in München bei Josef Gabriel Rheinberger (1839–1901).
Nach dem Besuch eines von Richard Wagner (1813–1883) dirigierten Kölner Werbekonzerts 1873 für die Bayreuther Festspiele wandte Humperdinck seine musikalischen Interessen zunehmend den Wagnerschen Kunstidealen zu, sah in München 1878 die geschlossene Aufführung von Wagners „Ring des Nibelungen“ und trat dem „Orden vom Gral“, einem Geheimbund junger Wagneranhänger, bei. Als Mendelssohn-Stipendiat nutzte er seinen Italien-Studienaufenthalt 1880, um am 9.3.1880 in Neapel Bekanntschaft mit Wagner zu schließen. In der Folge wirkte er als Wagners Assistent bei der Vorbereitung und Einstudierung der Uraufführung von dessen „Parsifal“ in Bayreuth (1882) mit; auch nach der „Parsifal“-Uraufführung und Wagners Tod 1883 blieben die Kontakte zwischen Humperdinck und der Wagner-Familie freundschaftlich und eng; Wagners Sohn Siegfried (1869–1930) wurde Humperdincks Kompositionsschüler.
Das Meyerbeer-Reisestipendium erlaubte ihm 1882/1883 eine Studienreise durch Frankreich, Spanien und Marokko, deren Eindrücke sich in der „Maurischen Rhapsodie“ für Orchester (1898) niederschlugen. Die Folgejahre bis 1888 sahen Humperdinck weiterhin als regelmäßigen Mitarbeiter der Bayreuther Festspiele, als „musikalischen Gesellschafter“ bei Alfred Krupp in der Villa Hügel (Essen), als Lehrer in Barcelona (am Liceo) und am Kölner Konservatorium. 1888 nahm Humperdinck eine Lektorenstelle beim Musikverlag Schott in Mainz an und konnte in dieser Position den Komponisten Hugo Wolf (1860-1903) fördern. 1890 wurde Humperdinck Lehrer am Hochschen Konservatorium in Frankfurt am Main und Kritiker der Frankfurter Zeitung. 1892 heiratete er die Siegburgerin Hedwig Taxer (1862-1916). Das Paar bekam fünf Kinder: die Töchter Edith (1894–1990), Irmgart (1896–1991), Olga (1898–1899) und Senta (1901–1991) sowie Sohn Wolfram (1893–1985), der sich als Opernregisseur und Intendant einen Namen machte.
Zur Zäsur in Humperdincks Leben wurde die Uraufführung von „Hänsel und Gretel“ unter Leitung von Richard Strauss (1864-1949) am 23.12.1893 in Weimar, die umgehend ein Welterfolg wurde. Nach „Hänsel und Gretel“ „erreichte ihn die Bitte um eine Bühnenmusik zum Märchenschauspiel „Königskinder" von Ernst Rosmer (Pseudonym für Elsa Bernstein, 1866-1949). Dafür entwickelte Humperdinck das „gebundene Melodram“, bei dem von den Schauspielern ein Sprechgesang gefordert wurde, dessen Tonhöhe mit Hilfe einer speziellen Notation aus gekreuzten Notenköpfen fixiert war – eine Technik, die sich allerdings nicht durchsetzte und erst im 20. Jahrhundert wieder verwendet wurde. Das Melodram „Königskinder“ erlebte am 23.1.1897 seine Uraufführung in München.
Im März 1897 bezog Humperdinck eine Villa in Boppard am Rhein, seine Frankfurter Stellen hatte er bereits gekündigt. Ende 1900 wurde er zum Leiter einer Meisterklasse für Komposition an die Königliche Akademie der Künste in Berlin berufen; das Bopparder „Schlösschen“ behielt er als Sommersitz bei. In Berlin entstanden unter anderem die Opern „Dornröschen“ und „Heirat wider Willen“, sowie, für Produktionen unter Max Reinhardt (1873-1943) am Deutschen Theater, eine Reihe von Bühnenmusiken vor allem zu Shakespeare-Dramen. 1905 reiste Humperdinck zur amerikanischen Erstaufführung von „Hänsel und Gretel“ an der Metropolitan Opera in New York, die am 28.12.1910 eine Neufassung der „Königskinder“, diesmal als Oper, zur glanzvollen Uraufführung brachte.
1911 wurde Humperdinck als Nachfolger von Max Bruch (1838–1920) zum Direktor der Theorie- und Kompositionsabteilung der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin berufen. Trotz gesundheitlicher und persönlicher Rückschläge wie dem Tod seiner Gattin 1916 schuf er noch zwei Opern, „Die Marketenderin“ (1914) und „Gaudeamus“ (1919). 1920 trat er in den Ruhestand. Für das Alter plante er eine Rückkehr ins Rheinland und beabsichtigte, nach Bad Honnef umzusiedeln; er war sich seiner rheinischen Wurzeln immer bewusst geblieben. Diese sind beispielsweise in Liedern wie dem „Rheinlied“ oder „Am Rhein“, aber auch im Orchesterwerk „Die Glocke von Siegburg“ präsent.
Humperdinck starb am 27.9.1921 an einem Schlaganfall in Neustrelitz und wurde auf dem Friedhof in Stahnsdorf bei Berlin beigesetzt.
Humperdinck war in erster Linie ein Bühnen- und Vokalkomponist. Unter seinen Kompositionen ragen die sechs Opern heraus, allen voran „Hänsel und Gretel“ und „Königskinder“. Daneben stellen die Shakespeare-Schauspielmusiken einen weiteren Schwerpunkt seines Schaffens dar. Bedeutsam ist auch die Instrumentalmusik, in denen er mit neuen formalen Abläufen experimentierte: Die „Maurische Rhapsodie“ (1890), das Klavierquintett (1875) und das Streichquartett C-Dur (1920) sind im Bemühen um eine Dreisätzigkeit (statt der üblichen Viersätzigkeit) miteinander verknüpft: Hier soll sich meine Theorie der Dreisätzigkeit – in der Malerei Triptychon genannt – einmal praktisch als berechtigt erweisen; die üblichen beiden Mittelsätze – langsamer Satz und Scherzo – sind zu einem einzigen Mittelsatz verschmolzen, aber so, dass jeder von ihnen zu seinem Recht gelangt, was nur durch kontrapunktische Künste zu ermöglichen war (zitiert nach Humperdinck, Engelbert Humperdinck, 1993, S. 329).
Humperdincks Schaffen ist von zwei gegensätzlichen Einflüssen geprägt: Auf der einen Seite wurde die traditionelle, aber sorgfältige handwerkliche Konservatoriumsausbildung bei Hiller und Rheinberger zur Grundlage für eine virtuose Beherrschung des Kompositionshandwerks, die sich in der ungewöhnlich polyphonen Dichte – Humperdinck war der sicherlich am konsequentesten polyphon komponierende Musiker seiner Zeit – sowie dem filigranen, immer durchsichtigen Orchestersatz seiner Werke zeigt und den Melodiker Humperdinck auch als Kontrapunktiker von Rang und Meister der Instrumentierungskunst ausweist. Der Einfluss Richard Wagners andererseits ist vor allem in der Harmonik und den Orchesterfarben erkennbar.
Humperdincks Komponieren ist von Volksnähe gekennzeichnet. „Hänsel und Gretel“ beispielsweise zeichnet sich durch eine vom Volkslied ausgehende, in ihrer Einfachheit echt und kindlich wirkende Erfindung aus; Melodien wie „Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh“, „Brüderchen, komm tanz mit mir“, „Knusper, knusper Knäuschen“ oder „Ein Männlein steht im Walde“ wurden ihrerseits zu wahren Volksliedern. Seine Volksnähe und die Hinwendung zur Märchenoper ließen ihn einen Weg finden, aus dem Schatten des übermächtigen Vorbildes Richard Wagner herauszutreten.
Sein künstlerisches Ideal lag jedoch auf anderem Gebiet: Sollte man es für möglich halten, dass unter dem gewaltigen Stoß von Manuskripten, der mir seit ungefähr einem Jahr [seit der Uraufführung von „Hänsel und Gretel“] ins Haus geflogen ist, auch nicht eine einzige komische Oper sich befunden hat? Entweder Mord und Totschlag oder Operettenblödsinn oder gar zuckersüße Märchen! Es ist gerade, als ob wir fin-de-siècle-Menschen das Lachen Rossinis, Aubers und Lortzings ganz verlernt hätten (zitiert nach Humperdinck, Engelbert Humperdinck, S. 223-224).„Heirat wider Willen“, „Die Marketenderin“ und „Gaudeamus“ waren Humperdincks Versuche, diesen Vorstellungen zu folgen; allerdings war diesen Werken kein dauerhafter Erfolg beschieden.
Die Kunst Humperdincks beruht darin, Wagners Kunstprinzipien bewusst nicht im eigenen Werk epigonenhaft zu kopieren, dabei nicht ins Seichte zu verfallen, sondern auf höchstem kompositorischen Niveau und dem Stand der Harmonik und Orchesterkunst der Jahrhundertwende einen eigenen Tonfall zwischen „Neudeutschen“ – mit Wagner und Liszt (1811–1886) als Leitfiguren –, „Brahminen“ (wie die Anhänger der „traditionellen“ Schule genannt werden) und dem französischen Impressionismus gefunden zu haben. Sein Pech war es, dass sich ihm nach der zweiten „Königskinder“-Fassung 1910 kein gleichwertiger Opernstoff bot, sein symphonischer Ehrgeiz nach der „Maurischen Rhapsodie“ keine Inspiration fand und er sich mit Auftragswerken wie den zahlreichen Schauspielmusiken zufrieden gab.
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts geriet Humperdincks Werk – mit Ausnahme von „Hänsel und Gretel“ – zunehmend in Vergessenheit, gelegentliche Aufführungen und Einspielungen der „Königskinder“ vermochten daran nichts zu ändern. Seit 1999 hat es sich daher die in Siegburg ansässige „Musikwerkstatt Engelbert Humperdinck“ zur Aufgabe gemacht, wissenschaftlich fundierte Neu- oder Erstausgaben nicht zugänglicher Kompositionen Humperdincks zu publizieren.
Quelle Text: Ubber, Christian, Engelbert Humperdinck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/engelbert-humperdinck/DE-2086/lido/57c9265a97df43.67274711 (abgerufen am 08.11.2020)
Quelle Portrait: https://de.wikipedia.org/wiki/Engelbert_Humperdinck#/media/Datei:Engelbert_humperdinck_1854.jpg
Friedhofskapelle Stahnsdorf
Die hölzerne Friedhofskapelle nach dem Vorbild norwegischer Stabkirchen wurde 1908 bis 1911 nach Plänen des Kirchenarchitekten Gustav Werner errichtet. Bekanntes Vorbild ist die Kirche Wang im Riesengebirge. Die hölzerne Inneneinrichtung, die sparsame Bemalung, die farbigen Jugendstil-Glasfenster und die wertvolle Orgel von Wilhelm Sauer sind im Originalzustand erhalten. Der 1859 geborene Gustav Werner wurde 1917 gegenüber seinem Bauwerk am Kapellenvorplatz bestattet. In der Kapelle finden inzwischen nicht nur Trauerfeiern und Gottesdienste, sondern gelegentlich auch musikalische Veranstaltungen statt.
Alexander von Kluck trat 1865 in die Preußische Armee ein. Nach der Teilnahme an den beiden letzten „Reichseinigungskriegen“, 1866 gegen Österreich und 1870 gegen Frankreich, durchlief von Kluck die militärische Laufbahn an verschiedenen Standorten. Im Januar 1893 übernahm er im Range eines Oberstleutnants für zwei Jahre den Landwehrbezirk Berlin. Seit Oktober 1913 war er Generalinspekteur der VIII. Armee-Inspektion in Berlin. Am 27. Januar 1914 erfolgte die Beförderung zum Generaloberst.
Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde von Kluck zum Oberbefehlshaber der 1. Armee ernannt. Innerhalb eines von Generaloberst Alfred von Schlieffen 1905 in einer Denkschrift entwickelten strategisch-operativen Plans, der einen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland beinhaltete, kam der 1. Armee beim ersten Feldzug gegen Frankreich eine herausragende Funktion zu.
Während die Masse des Deutschen Heeres Frankreich direkt angreifen sollte, war der 1. Armee eine hinterfangende Einkreisung der französischen Armee unter Umgehung der französischen Befestigungen zugedacht. Der äußerste rechte Flügel des Deutschen Heeres sollte über Belgien und Nordfrankreich nach Paris vorstoßen.
Die Ausführung des Plans scheiterte an zahlreichen organisatorischen und logistischen Schwächen sowie der Fehleinschätzung politischer Bündnisse zwischen Frankreich, Großbritannien und Russland, die etwa den Kriegseintritt Großbritanniens nach Einmarsch der Deutschen in das neutrale Belgien auslösten. Zwar konnte sich die 1. Armee, nach einer am 29. August von Kluck eigenmächtig befohlenen Änderung der Marschroute, bis auf wenige Kilometer an Paris heran kämpfen, doch gelang es im September 1914 in der „Schlacht an der Marne“ den französischen und britischen Truppen sich zwischen die 1. und die 2. Armee zu schieben. Die schnelle Westoffensive war damit gescheitert und ein jahrelanger Stellungskrieg begann. Von Kluck, offiziell als „Retter der Angriffsfront in der Marneschlacht“ gefeiert, wurde im März 1915 bei einer Frontinspektion schwer verwundet und schied im Oktober 1916 aus dem aktiven Dienst aus.
Die nationalsozialistischen Machthaber nutzten die anhaltende Popularität von Klucks und ordneten bei seinem Tod 1934 ein Staatsbegräbnis an.
Das aus Muschelkalkstein gearbeitete Grabdenkmal in Gestalt eines „Heiligen Bezirks“ entstand nach Plänen von Fritz Klimsch (1870-1960). Ein mächtiger preußischer Adler bewacht die Grablege. Bei der Formulierung des Bronzereliefporträts orientierte sich Klimsch an einer Fotografie, die der Fotograf Rudolf Dührkoop (1848-1918) um 1915 von Kluck angefertigt hatte.
Quelle Text: https://www.wo-sie-ruhen.de/friedhoefe?stadt=20&friedhof=18
Gustav Kadelburg
Gustav Kadelburg, auch Gustaf Kadelburg, (* 26. Juli 1851 in Pest; † 11. September 1925 in Berlin) war ein österreichischer Theaterschauspieler, Stückeschreiber und Librettist.
Kadelburgs Mausoleum wurde 1925 in der Art einer Theaterkulisse errichtet. In der Gruft stehen seither der Sarg von Kadelburg und zweier Angehöriger. Die Särge sind zum Schutz und zur Wahrung der ewigen Totenruhe massiv eingemauert.
Gustav Kadelburg wurde in Pest geboren und wandte sich gegen den Wunsch seines Vaters, wie ebenfalls sein jüngerer Bruder Heinrich Kadelburg, der Bühne zu. In Wien wurde Alexander Strakosch sein Schauspiellehrer. Kadelburg debütierte 1868 in Halle, wo er in bescheidener Stellung begann. Sein erster größerer Auftritt auf einer Theaterbühne war 1869 in Leipzig. Zwei Jahre später trat er im Wallner-Theater in Berlin auf. Von 1884 bis 1894 wirkte er am Deutschen Theater, wo ihm der Theaterleiter und Bühnenautor Adolph L’Arronge wertvolle Ratschläge zum Verfertigen von Lustspielen gab. In der Uraufführung von Gerhart Hauptmanns sozialen Drama Vor Sonnenaufgang am 20. Oktober 1889 durch die Freie Bühne im Lessingtheater übernahm er die Rolle des Ingenieurs Hoffmann.
Obwohl als Schauspieler sehr erfolgreich, beendete er seine Schauspielkarriere 1894 und schrieb nur noch Komödien und Libretti, zum Beispiel zur Operette Alt-Wien nach der Musik von Joseph Lanner. Viele seiner Lustspiele entstanden in Zusammenarbeit mit Oscar Blumenthal oder Franz von Schönthan als Koautoren. Am bekanntesten wurde das wesentlich später von Ralph Benatzky vertonte Lustspiel Im weißen Rößl (1896). Sein Bühnenstück Familie Schimek wurde 1926 von Alfred Halm und 1957 von Georg Jacoby unter gleichem Titel verfilmt.
Quelle Portrait: https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Kadelburg#/media/Datei:Gustav_Kadelburg_(BerlLeben_1904-12).jpg
Quelle Text: https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Kadelburg
Mit Staffelei und Jagdgewehr
Er illustrierte "Brehms Tierleben" und war ein Pionier der Freiluftmalerei: Die Alte Nationalgalerie widmete Wilhelm Kuhnert eine Ausstellung zum 150. Geburtstag.
Bildliche Darstellungen exotischer Tiere sind ideale Projektionsflächen eines Fernwehs, in dem sich Lust und Angst mischen. „Brehms Tierleben“, das in die Fauna entferntester Weltgegenden einführt, gehörte einst in jedes bildungsbürgerliche deutsche Bücherregal. In der dritten (1890) und vierten (1911–1918) Auflage des vielbändigen Werks stammen die prächtigen Farbabbildungen von Wilhelm Kuhnert, dessen Geburtstag sich an diesem Montag zum 150. Mal jährt. Der 1865 geborene und 1926 gestorbene Berliner Maler und Zeichner, zu Lebzeiten berühmt und erfolgreich, ist heute in Deutschland so gut wie vergessen. Dabei gehört er zu den besten Tiermalern der Kunstgeschichte. Im angelsächsischen Raum erzielen seine suggestiven Großgemälde aus der afrikanischen Savanne, die ihm den Beinamen „Löwen-Kuhnert“ einbrachten, hingegen noch immer Höchstpreise.
Für Philipp Demandt, der zusammen mit Benjamin Rux den ungewöhnlichen Künstler in einer zugleich originellen und erlesenen Kabinettausstellung der Alten Nationalgalerie würdigt, liegt Kuhnerts Bedeutung weniger im großen malerischen Kino als in den kleinen Arbeiten auf Papier. Wer die realistische Zeichenkunst Adolph von Menzels bewundert, wird Kuhnerts Studienblätter lieben. Hier wie dort geht es nicht um Wunschbilder, sondern um obsessives Hinschauen. Nur das Sujet ist ein anderes: Saugt sich Menzels Blick am kalten Glanz polierter Waffen oder der Morbidität preußischer Generalsuniformen fest, ergründet Kuhnert in virtuosen Bleistiftstudien die stolze Kopfhaltung einer Gazelle, das voluminöse Gehörn des Kaffernbüffels oder das muntere Treiben von Elefantenspitzmäusen.
Wie er das gemacht hat, bleibt ein Rätsel, das Kuhnert auch in den launigen Texten seines 1918 erschienenen Reisebuchs „Im Lande meiner Modelle“ nur teilweise lüftet. Viermal war der Künstler zwischen 1891 und 1912 in Nord- und Ostafrika unterwegs, meist mit großem Gefolge von bis zu 80 einheimischen Lastenträgern, für deren Ernährung er mit dem Jagdgewehr aufkam. Das Verhalten und die typischen Bewegungen seiner „Modelle“ mit den Augen des Malers zu studieren und die Tiere danach weidmännisch zu erlegen, war oft nur eine Sache weniger Minuten. Ein Foto zeigt Kuhnert mit Tropenhelm vor der Staffelei, zu seinen Füßen liegen drei Jagdgewehre.
Menschen hat er selten gezeichnet oder gemalt. Aber wenn doch, dann mit großer Empathie
Auch in anderer Hinsicht blieb er kein unschuldiger Beobachter. Bei drei seiner Expeditionen nutzte er die Infrastruktur militärischer Stützpunkte im gerade erst besetzten Deutsch-Ostafrika und erlebte die grausame Härte der deutschen Kolonialherren. Sein Verhalten blieb ambivalent: Als in Berlin 1895 die Verbrechen des „Reichskommissars für das Kilimandscharogebiet“ Carl Peters untersucht wurden, sagte er gegen diesen aus. Als während seiner zweiten Expedition 1905 ein bewaffneter Aufstand gegen die deutschen Besatzer losbrach, meldete sich Kuhnert spontan als Freiwilliger und nahm an Gefechten teil.
Lässt sich das aus heutiger Sicht moralisch angreifbare Verhalten eines Künstlers von seinem Lebenswerk trennen? Die Darstellung von Menschen fällt im fast 7000 Arbeiten umfassenden Œuvre Wilhelm Kuhnerts kaum ins Gewicht. Die wenigen Beispiele, die im lesenswerten Katalogheft abgebildet sind, nicht jedoch in der Ausstellung gezeigt werden, legen nahe, dass Kuhnerts Blick auf fremde Menschen genauso respektvoll, ja empathisch gewesen ist wie der auf exotische Tiere. Die Faszination des Unbekannten liegt im Moment des Wiedererkennens.
Quelle Text und Zeichnungen:
https://www.tagesspiegel.de/kultur/der-tiermaler-wilhelm-kuhnert-mit-staffelei-und-jagdgewehr/12375782.html
Ludwig Manzel
Sein bedeutendstes Werk ist das zwölf Meter breite und zwei Meter hohe monumentale Christus-Relief „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“ mit 24 Figuren, an dem er von 1909 bis 1924 gearbeitet hatte. Es war für eine evangelische Kirche in Gnesen bestimmt, deren Bau infolge der Abtretung der Stadt an Polen im Jahre 1920 nicht fertiggestellt werden konnte. Seit 1924 befindet es sich wie das 1932 geschaffene Grabmal für Friedrich Wilhelm Murnau auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf, wo auch Manzel 1936 seine letzte Ruhe fand.
Das Standbild „Die Arbeit“ im mittleren Lichthof des Warenhauses Wertheim am Leipziger Platz gehört zu seinen Arbeiten wie die Kaiser Wilhelm-Statue im Grunewalder König-Wilhelm-Turm und ein Reiterstandbild des Kaisers Friedrich III. für Stettin von 1910. Eine Kolossalbüste Wilhelms II. (1906) sowie ein Bildnis von Paul von Hindenburg wurden in zahlreichen Kopien über ganz Deutschland verteilt.
Ludwig Manzel stammte aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater Georg, in Neustrelitz geboren, war ein Schneider und Landarbeiter. Seine Mutter Wilhelmine geb. Jakobs war die Tochter eines Büdners aus Gnevezin und arbeitete später als Hebamme. Die Familie zog zunächst nach Boldekow und 1867 nach Anklam, wo er das Gymnasium besuchte. Der bei Lehrern und Mitschülern als hochbegabt geltende Ludwig Manzel wollte Kunst studieren, konnte von seinen Eltern jedoch nicht unterstützt werden, zumal der Vater 1872 starb.
1875 ging Ludwig Manzel völlig mittellos an die Berliner Kunstakademie. Als Zeichenlehrer an der Fortbildungsschule für Handwerker und mit Aufträgen für die Zeitschriften Ulk und Lustige Blätter versuchte er nebenher seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er war Schüler von Albert Wolff und Fritz Schaper. Mit der Skulpturengruppe „Am Wege“ erzielte er einen ersten Erfolg und erlangte den Großen Akademischen Staatspreis sowie das Reisestipendium der von-Rohr-Stiftung. Mit diesem einjährigen Auslandsstipendium ging er nach Paris, wo er schließlich drei Jahre blieb und in einem großen Studioatelier arbeitete.
Seit 1889 selbständig in Berlin tätig, stellte er vor allem Plastiken und Modelle für das Kunstgewerbe her. Zusammen mit Moritz von Reymond gab er unter dem Titel „Berliner Pflaster“ eine Reihe von „illustrierten Schilderungen aus dem Berliner Leben“ heraus, die er zu großen Teilen mit eigenen Zeichnungen bebilderte. In diesen Jahren entwickelte sich ein Kontakt zum Kaiserpaar, es entstand eine Reihe von Büsten und Reliefs.
In der Mitte der 1890er Jahre gelang Manzel der Durchbruch. Ab 1894 wurde er mit der Herstellung von Figuren für den Berliner Dom und das Reichstagsgebäude beauftragt. Dazu kamen Kaiserdenkmale in verschiedenen preußischen Provinzstädten. Seit 1895 war er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und ab 1896 Professor am Königlichen Kunstgewerbemuseum Berlin. Ebenfalls 1896 erhielt er auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine große Goldmedaille. 1903 wurde er Nachfolger von Reinhold Begas als Vorsteher eines Meisterateliers, das er bis 1925 leitete. Zu seinen Schülern gehörte unter anderen Josef Thorak. Von 1912 bis 1915 sowie von 1918 bis 1920 war Ludwig Manzel Präsident der Preußischen Akademie der Künste.
Nachdem sich Manzel als anerkannter Künstler etabliert hatte, wohnte er zunächst in Wilmersdorf an der Kaiserallee und zog später in die Friedenauer Görresstraße, wo viele zu dieser Zeit bekannte Künstler lebten. 1908 ließ er sich von den renommierten Berliner Architekten Heinrich Kayser und Carl von Großheim in Charlottenburg an der Sophienstraße ein Haus im englischen Cottage-Stil errichten.
Ludwig Manzel war mit Kaiser Wilhelm II. befreundet, was zahlreiche Aufträge überhaupt ermöglichte. Auch mit dem wie Manzel aus Vorpommern stammenden Warenhaus-Unternehmer Georg Wertheim stand er in freundschaftlicher Beziehung. Nachdem Manzel das Kaiserwappen der ostpreußischen Sommerresidenz Cadinen aus gebranntem Ton gefertigt hatte, beauftragte ihn der Kaiser nach der Modernisierung der Cadiner Tonwarenfabrik mit Entwürfen für die Majolika-Produktion sowie für Kannen, Vasen und Dosen im Jugendstil. Das Warenhaus Wertheim erhielt das Alleinverkaufsrecht der Cadiner Produkte.
Grabstätte
In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Manzel der Malerei und fertigte unter anderem mehrere Altarbilder für Kirchen in Charlottenburg. Er starb 1936 und wurde auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf beigesetzt. Sein Grabmal wird von einem Frauenkopf aus der Anfangszeit seines künstlerischen Schaffens gekrönt. Der Grabstein trägt eine Porträtplakette aus Bronze von Willibald Fritsch, die Manzel 1908 von seinen Schülern zum fünfzigsten Geburtstag gewidmet worden war.
Quelle Text: https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Manzel
Einbruch des Grauens!
Friedrich Wilhelm Murnau
Aus der Gruft eines Promi-Friedhofs bei Potsdam stehlen Unbekannte den Schädel des "Nosferatu"-Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau. Nun soll die Grabstätte geschlossen oder Murnau beerdigt werden.
Stahnsdorf (dpa) - Waren es fehlgeleitete Fans des Filmemachers oder irgendwelche Okkultisten? Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt ist immer noch fassungslos, wenn er an vergangenen Montag denkt.
Da entdeckte er auf dem Südwestkirchhof im brandenburgischen Stahnsdorf bei Berlin am Eingang zur Gruft des Stummfilm-Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau die eingedrückte Tür. Unbekannte waren in die Gruft eingedrungen und hatten den Kopf des einbalsamierten Toten gestohlen.
Vielen fällt sofort die gruselige Verbindung zum Werk des Regisseurs Murnau (1888-1931) ein, der 1922 mit seinem Vampir-Film "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens", einer Dracula-Adaption, berühmt wurde.
Für Ihlefeldt ist der menschliche Schaden groß: "Dem Toten wurde die Würde genommen", klagt er. Verwüstungen habe es in der Gruft aber nicht gegeben, in dem Murnau und seine beiden Brüder Robert und Bernhard Plumpe ruhen. Doch als er den Deckel des Metallsarges hob, machte er die grausige Entdeckung.
Von den Tätern fehlt auch Tage nach dem Einbruch des Grauens jede Spur: Die Kriminalpolizei Potsdam ermittelt wegen Störung der Totenruhe und Diebstahls.
"Bereits in den 70er Jahren waren dort irgendwelche Vandalen eingedrungen und hatten die Glasscheibe zerstört, mit der der einbalsamierte Leichnam abgedeckt war", berichtet der Verwalter.
Nun soll Murnaus Andenken nie wieder geschändet werden können. "Entweder wir mauern den Eingang dauerhaft zu, oder wir werden Murnau im Erdreich bestatten", kündigt Ihlefeldt an.
Vor Jahren bereits wurde auch der Leichnam des österreichischen Schauspielers Gustav Kadelburg (1851-1925) auf dem Prominentenfriedhof beerdigt, nachdem Zerstörungswütige in dessen Grabstätte ihr Unwesen getrieben hatten. "Als sie den Sargdeckel geöffnet hatten, sind sie allerdings vor dem grausigen Anblick des Leichnams geflohen", berichtet der Verwalter.
Sollte die Gruft Murnaus geschlossen werden, könnte Ihlefeldt auch keine Besuchergruppen mehr dorthin führen, die immer noch zahlreich kommen. Das Mausoleum ist kunstvoll ausgestaltet: Die verputzten Wände in Türkis gestrichen und ein blaues Mosaik mit goldglänzenden Sternen auf der gewölbten Decke. Murnaus Brüder Robert und Bernhard liegen in zugelöteten Zinksärgen in der Gruft. "Das war damals die übliche Methode, nach dem Ewigkeits-Gedanken sollten die Körper auf der Erde erhalten bleiben", erläutert Ihlefeldt.
Der Potsdamer Filmwissenschaftler Guido Altendorf sagt: "Murnau ist einer der bedeutendsten deutschen Regisseure und beeinflusst die deutschen Filmemacher noch heute." Volker Schlöndorff sei beispielsweise ein großer Bewunderer von ihm. Mit "Nosferatu" sei Murnau zwar einem großen Publikum bekanntgeworden, aber für die Filmwelt seien seine folgenden Werke noch bedeutender.
"Für den Film "Der letzte Mann" wurde 1924 erstmals die Kamera vom Stativ genommen und es entstanden geradezu revolutionäre Einstellungen", sagt Altendorf. Es folgte der Ruf nach Hollywood in die Fox-Studios. "Dort bekam er volle künstlerische Freiheit und sein Film "Sunrise" bekam gleich drei der 1928 erstmals vergebenen Oscars", berichtet Altendorf.
Im Jahr 1931 verunglückte Murnau im Alter von 42 Jahren bei einem Verkehrsunfall in Kalifornien tödlich. Seine Leiche wurde einbalsamiert und nach Berlin gebracht. Monate nach seinem Tod gab es dort eine Trauerfeier mit großem Staraufgebot.
Quelle Text: https://www.fr.de/.../f-w-murnaus-grabstaette-wird...
Edmund Rumpler
In fast jeder größeren Stadt gibt es eine Edmund Rumpler Straße, aber kaum jemand kennt die Ikarus Figur, geschweige denn den Konstrukteur und Erfinder Edmund Rumpler.
Edmund Elias Rumpler (* 4. Jänner 1872 in Wien; † 7. September 1940 in Neu Tollow, Kreis Wismar) war ein österreichischer Flugzeug- und Automobilkonstrukteur mit preußischer Staatsangehörigkeit (seit 1913). Seine berühmtesten Konstruktionen waren die Rumpler Taube, die Rumpler C-Typen und der Tropfenwagen.
Ausbildung und Anstellungen
Edmund Rumpler studierte 1890–1895 an der TH Wien Maschinenbau und arbeitete bei Eisenbahnwagen-, Dampfmaschinen- und Automobilfabriken, bis er 1898 als Konstrukteur bei der Allgemeinen Motor-Wagen-Gesellschaft Berlin eintrat. 1900 wechselte er zur Daimler-Motoren-Gesellschaft und 1902 als Oberingenieur zu den Adlerwerken in Frankfurt am Main, wo er 1903 die erste Schwingachse erfand. 1903 wurde er Leiter des Konstruktionsbüros der Adlerwerke und entwickelte dort die ersten von diesem Unternehmen selbst konstruierten Automobilmotoren.
Flugzeugkonstrukteur
1906 gründete Rumpler in Berlin, Gitschiner Straße 5, ein technisches Büro, dem er am 10. November 1908 die Firma Edmund Rumpler, Luftfahrzeugbau, eine Abteilung für Flugzeugbau, angliederte. (Die erste deutsche Flugzeugfabrik war einen Monat vorher im Oktober 1908 von August Euler gegründet worden.) Wegen der guten Auftragslage wurde diese Firma bereits 1909 in die Rumpler-Luftfahrzeugbau GmbH, 1914 in die Rumpler-Werke GmbH umgewandelt.
Das erste in größerer Stückzahl hergestellte Flugzeug war die in Lizenz gebaute Etrich Taube von Ignaz Etrich, die am 10. Oktober 1910 in Johannisthal ihren Erstflug hatte. In der Zeit des Ersten Weltkriegs expandierte die Firma und stellte über 3000 Flugzeuge – allein über 1000 Stück des Fernaufklärers Rumpler C.VII – her.
Automobilkonstrukteur
Da nach dem Ersten Weltkrieg aufgrund des Versailler Vertrages in Deutschland der Bau von Motorflugzeugen verboten war, ließ der Flugzeugbauer Rumpler seine Erfahrungen in eine Absorptionskältemaschine und Automobil-Projekte einfließen. Er entwickelte den Tropfenwagen, mit stromlinienförmiger, von oben gesehen tropfenförmiger Karosserie und an einer Pendel-Schwingachse angeordnetem Hecktriebblock (Motor vor, Getriebe hinter der Hinterachse). 1921 stellte er das Fahrzeug auf der Deutschen Automobilausstellung in Berlin vor. Es war ein wirtschaftlicher Misserfolg. Nur etwa 100 Fahrzeuge wurden gefertigt. 1926 verkaufte Rumpler seine Fertigungsstätten an die Udet Flugzeugbau.
1930 gründete Rumpler in Ammendorf (damals Provinz Sachsen) und in Berlin die „Rumpler-Lindner Vorntriebs-Gesellschaft mbH“. In Berlin-SW 68, Kochstraße 53 (Kreuzberg) und Berlin 39, Reinickendorfer Straße 113 (Wedding) war die Firma ansässig. Im Patentbüro von Edmund Rumpler hatte er 1930 die Konstruktionsabteilung und die „Autogena-Blech-Industrie-GmbH-Schweißtechnik“ einen Frontantriebs-Lastwagen mit vorderen sowie hinteren Schwingachsen entworfen.
Den bekanntesten Stromlinien-LKW im Nutzfahrzeugbau hatte Rumpler als zwei Einzelstücke 1930 fertiggebaut, die als futuristische Stromlinien Dreiachs-LKW mit „Vornantrieb“ in die Geschichte der Nutzfahrzeugindustrie Eingang fanden. Rumpler musste die Bezeichnung Vornantrieb verwenden, weil der Name „Frontantrieb“ zu jener Zeit ein Patent-Name von DKW war.
Der erste LKW Typ RuV 29 hatte einen Maybach-Sechszylinder-Motor mit 90 PS. Der zweite Rumpler-LKW Typ RuV 31 hatte einen 150 PS Zwölfzylinder-V-Motor und konnte 100 km/h schnell fahren. Beide LKW hatten ein Doppelkardangelenk, das die Kraft auf die großen Vorderräder übertrug. Die hinteren Doppelräder wurden in Waagenbalken-Bauart ausgestattet. Continental hatte extra Spezial-Reifen entwickelt, die für Fahrzeuge über 100 km/h geeignet waren. Der Karosseriebauer Gottfried Lindner in Ammendorf hatte den LKW-Kastenwagen in Zusammenarbeit mit dem Ambi-Budd-Presswerk in Johannisthal und dem Berliner Karosseriehersteller Luchterhand & Freytag in Berlin-Tempelhof angefertigt. Beide Fahrzeuge wurden im Ullstein Verlag als schnelle Zeitungs-Express-LKW eingesetzt. 1943 wurden die Rumpler-LKW durch einen Bombenangriff zerstört.
Rumpler war seit 1900 Redakteur der Fachzeitschrift „Der Motorwagen“.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft musste er seine Arbeit wegen seiner jüdischen Herkunft aufgeben. Sein Grab befindet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf im Block Reformation, Gartenblock III, Erbbegräbnis 28. Es ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.
Quelle Text teilweise: https://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Rumpler
Quelle Taube: Von Noop1958 in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0,
Quelle Tropfenwagen: https://de.motor1.com/photo/3771072/rumpler-tropfenwagen/
Meta Seinemeyer
Am 5. September 1895 in Berlin als Tochter eines in Polizeidiensten stehenden Vaters geboren, der später – neben dem berühmten Gennat – einer der bekanntesten Kriminal-Kommissare der alten Reichshauptstadt werden sollte, studierte die junge Meta Gesang bei Ernst Grenzebach und dem bedeutenden Tenor Nicolaus Rothmühl, der 1882-1893 an der Königlichen Hofoper Berlin Triumphe gefeiert hatte. Ihr Debüt fand zu Ende des Ersten Weltkrieges (1918) an dem kurz vor Kriegsausbruch (1912) eingeweihten Deutschen Opernhaus im gerade eingemeindeten Berliner Stadtteil Charlottenburg statt, dessen Ensemble sie für die nächsten sieben Jahre angehörte.
Die Inflation in Deutschland und das in den USA nach dem Kriege nur recht zögernd wieder anlaufende deutsche Repertoire begünstigten die Nordamerika-Tournee einer 1923 aufgestellten „German Opera Company“. Unter der Leitung von Leo Blech und Eduard Mörike (Neffe des Dichters) bestand sie aus so hervorragenden Künstler wie Friedrich Schorr, Friedrich Plaschke, Alexander Kipnis, Jacques Urlus, Robert Eutt, Elsa Alsen, Eva Plaschke-von der Osten, Editha Fleischer, Ottilie Metzger-Latternmann und eben Meta Seinemeyer. Ihre Auftritte als Eva in den „Meistersingern“ und als Elisabeth im „Tannhäuser“ (23./24. Februar 1923) waren noch viele Jahre später in den Vereinigten Staaten unvergessen.
Nach einer größeren Anzahl von außerordentlich erfolgreichen Vorstellungen, u.a. in Baltimore sowie im New Yorker Metropolitan und Manhattan Opera House, verlängerte die deutsche Operntruppe ihre Saison noch im dortigen Lexington Theatre. Da nicht alle Künstler beliebig lange ihren festen Verträgen in der Heimat untreu werden konnten, sprangen z.B. Claire Dux und Maria Ivogün helfend ein:
Im November 1924 gab Meta Seinemeyer an der Staatsoper Dresden ein Gastspiel als Margarethe in Gounods gleichnamiger Oper, und dieses Auftreten gestaltete sich derart triumphal, dass die Künstlerin sofort – beginnend mit Januar 1925 – ohne zeitliche Begrenzung – fest an dieses Institut verpflichtet wurde. In kürzester Frist wurde sie hier der führende jugendlich-dramatische Sopran, eroberte sich die Herzen des Opernpublikums im Sturm, und was bei einer Neunundzwanzigjährigen äußerst selten ist, sie war fortan nur noch „die Seinemeyer“.
Am 21. Mai 1925 kreierte sie die Partie der Herzogin von Parma in der Welt-Uraufführung von Ferruccio Busonis Oper „Doktor Faustus“, und das nächste Jahr brachte zwei Höhepunkte ihrer Dresdener Tätigkeit: die Leonore in Verdis „Macht des Schicksals“ und die Madeleine de Coigny in der deutschen Erstaufführung der Oper „Andrea Chenier“ mit Tino Pattiera in der Titelrolle. Das Urteil des anwesenden Komponisten Umberto Giordano lautete kurz aber inhaltsschwer: „In ganz Italien gibt es keine so herrliche Frauenstimme wie die der Seinemeyer!“
Anlässlich der Verdi-Renaissance mit La Forza del destino (Uraufführung: 11.11.1862 in Petersburg; deutsche Erstaufführung: 1878 in Berlin) schrieb die Kritik; „Man findet diese Oper nur äußerst selten auf deutschen Bühnen, jedoch brachte die Dresdener Staatsoper im März (1926) eine Neueinstudierung des Werkes in glänzender Besetzung und Ausstattung heraus – ein Ereignis für das deutsche Theaterleben! Die Leonore ist eine Glanzrolle für erstklassige Sopranistinnen, und in Dresden wurde sie von Meta Seinemeyer darstellerisch wie musikalisch vorbildlich verkörpert; mit ihrem schlackenlosen Sopran berauschte sie die Zuhörer geradezu. Für die Dresdener Neueinstudierung wurde zu dieser Oper von dem bekannten Dichter und Bühnenschriftsteller Franz Werfel ein neues Textbuch geschrieben, das den Stoff dem italienischen Vorbild frei nachdichtet, wobei es die Motive verdeutlicht, die Charaktere vertieft und die Handlung einfacher und klarer durcharbeitet. In dieser Uraufführung der Werfelschen Bearbeitung wird dieses großartige Werk sicherlich eine glanzvolle Auferstehung auf allen deutschen Bühnen erleben.“
Franz Werfel aber schrieb an Meta Seinemeyer noch am Abend dieses triumphalen Ereignisses:
„Fräulein Seinemeyer, Sie haben heute Abend eine ganz große Gesangstat vollbracht, ich muss Ihnen das sagen! Es gibt keine solche warme Stimme mehr auf der deutschen Bühne. Die Linie Ihres Gesanges ist vollendet. Die Friedensarie “ war in ihrer ruhigen, schönheitstrunkenen Führung für das ganze Haus tieferschütternd. Ich glaube, Verdi selbst hätte an Ihrem Gesang seine helle Freude gehabt!“
Noch im gleichen Jahre 1926 unternahm die Sängerin eine große Südamerika-Tournee, und 1927 gab sie mehrere Vorstellungen an der Wiener Staatsoper, so am 22.Juni als Tosca in einem Ensemble, dem Alfred Piccaver und Emil Schipper angehörten (Dirigent: Reichenberger) und am 24.Juni als Aida‚ neben Piccaver, Alfred Jerger und Rosette Anday (Dirigent: Robert Heger).
In den letzten Jahren ihres so überaus kurzen Lebens wandte sie sich neben den lyrischen immer mehr den Jugendlich-dramatischen Partien zu, und als sie am 9. Mai 1929 ihr Debüt am Londoner Covent Garden gab, da war es die Sieglinde in Wagners Walküre. Es folgten die Lohengrin-Elsa und am 16. Mai eine ihrer liebtesten Gestalten, die Eva in Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ Obwohl ihre Stimme noch die alte Schönheit und den alten Glanz besaß, war ihre tödliche Blutkrankheit z.Zt. ihres Londoner Gastspiels doch schon so weit fortgeschritten, dass ihr nur noch drei Monate blieben. Am 19.August 1929. starb Meta Seinemeyer zu Dresden im Alter von nur 33 Jahren.
Quelle Text teilweise: https://www.ioco.de/tag/meta-seinemeyer/
Quelle Bild 1+2: http://www.ipernity.com/doc/955739/46766058
Quelle Bild 3:https://www.rundfunkschaetze.de/wp-content/uploads/2015/06/Seinemeyer-1926-for-web.jpg
Hoffotograf, Kunstsammler und Verleger
Unter den Berliner Photographen galt Julius C. Schaarwaechter als erfolgreichster Photograph des späten 19. Jahrhunderts, der von seinen Zeitgenossen als international bedeutend eingeschätzt wurde. Neben Aufnahmen des Kaiserpaares, insbesondere dessen heranwachsenden Nachwuchses, hinterließ er unter anderem zahlreiche Porträts bedeutender Persönlichkeiten, wie etwa von Rudolf Virchow oder Adalbert von Preußen. Der Nachwelt erhalten sind aber auch - mitunter künstlerisch gestellte - Aufnahmen von und mit bekannten Schauspieler/innen seiner Zeit.
Julius C. Schaarwächter wurde am 14. Juli 1847 als Sohn des Julius Schaarwächter (1821–1891), der ebenfalls Photograph war und eine eigene photographische Zeitschrift unterhielt, in Amsterdam geboren. Nach der Ausbildung im väterlichen Atelier absolvierte er eine einjährige Weiterbildung in Berlin und arbeitete dann als Assistent von Dr. Hermann Wilhelm Vogel (1834–1898) an der dortigen Gewerbeakademie sowie der Technischen Hochschule. Am 4. April 1872 eröffnete Schaarwächter sein eigenes Unternehmen in der Friedrichstraße 190 in Berlin unter der Firmierung „Photographisch-artistisches Atelier und photographischer Kunstverlag“. In einem Aufsatz in den Photographischen Mitteilungen der Zeitschrift des Vereins zur Förderung der Photographie schrieb der Engländer J. R. Sawyer anerkennend über dessen penible Sorgfalt.
1886 zog Schaarwächter um in sein eigenes Haus in der Leipziger Straße 130; wenngleich das Atelier im Hintergebäude lag, so war die Straßenfront ganz auf Werbung des Photographen ausgerichtet. 1889 eröffnete er ein zweites Atelier in der Potsdamer Straße 7. Im selben Jahr schrieb R. Kiewenig in der Zeitschrift Photographisches Archiv detailliert über das Ambiente und die Einrichtung des „zu den ersten der Residenz“ zählenden Fotografen-Establissements.
1893 wurde Schaarwächter zum Hofphotographen ernannt. Seine Photographien, insbesondere die der kaiserlichen Familie, ließ er teilweise über den Verlag der Neuen Photographischen Gesellschaft vertreiben, stellte sie auch bevorzugt in seinen Schaufenstern aus und „begleitete mit seinen Aufnahmen die heranwachsenden Kinder“ Kaiser Wilhelms II. Im Archiv des Vereins für die Geschichte Berlins finden sich allein 17 Mitglieder-Porträts aus dem Atelier Schaarwächters. Der Photograph Friedrich Goebel (1843–1934) absolvierte seine Ausbildung bei Schaarwächter, ebenso wie der spätere Reportagephotografph und Filmemacher Louis Held (1851–1927).
Nach seinem Tod am 14. Oktober 1904 wurde Schaarwaechter auf dem St.-Matthäus-Friedhof in Berlin begraben, bevor seine sterblichen Überreste 1938/39 aufgrund eines Bauprojektes der Nationalsozialisten auf den Südwestkirchhof Stahnsdorf umgebettet wurden. Der Bildhauer Wilhelm Wandschneider hat eine Grabfigur für die (ursprüngliche) Grabstätte der Familie auf dem Alten St.-Matthäus-Friedhof geschaffen, die mit der Umbettung der Gebeine des Verstorbenen ebenso nach Stahnsdorf verbracht wurde und dort erhalten ist.
Quelle Text: https://schaarwaechter.info/index2-1.html
Quelle Portrait: https://commons.wikimedia.org/wiki/Julius_Cornelius_Schaarw%C3%A4chter#/media/File:Cornelius_Julius_Schaarw%C3%A4chter_1897.jpg
Quelle Rückseite Foto: https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Cornelius_Schaarw%C3%A4chter#/media/Datei:J-C-Schaarw%C3%A4chter.jpg
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Julius Wissinger
Die aus Spremberg stammenden Brüder Julius und Paul Wissinger eröffneten 1877 die Sämereien und Saatguthandelsfirma ‚J & P Wissinger‘ in der Landsberger Straße 46/47 in Berlin. 1886 zog das erfolgreiche Unternehmen – es konnten 50.000 Geschäftsverbindungen und der jährliche Umschlag von 40.000 Doppelzentnern Saatgut nachgewiesen werden - in die Neue Königstraße. 1907 ließen sich die Wissingers von Kurt Bernd das große ‚Lagerhaus Süd-Ost‘ in der Pfuelstraße 5-8 in Kreuzberg errichten, das in den 1990er Jahren zum noblen Geschäftshaus „Wissinger Höfe“ umgebaut wurde. Die Erben ließen sich von Fritz Schupp und Martin Kremmer 1922 eine Villa in Berlin-Karolinenhof erbauen. Schupp war der Bruder von Helene Wissinger (1892-1976) und damit Schwager von Julius Gustav Adolf Wissinger (1884-1967). Die künstlerische Verglasung eines der Fenster schuf Otto Freundlich.
Das Ehepaar Wissinger empfing in seinem Haus zahlreiche Künstler und wirkte mäzenatisch. Das Leben in der Villa Wissinger verarbeitete der Schriftsteller Werner Schendell in seinem Werk „Ein glücklicher Erbe – idyllischer Roman“.
Nach dem Tod von Julius Wissinger sen. und seiner Enkelin Ingrid erwarb die Familie Wissinger ein Erbbegräbnis auf dem Südwestkirchhof und beauftragte Max Taut mit dem Entwurf des Grabmals. Taut veröffentlichte den Entwurf dazu im Heft 2 des 1921 erschienenen 1. Jahrganges der Zeitschrift „Frühlicht“. Diese Publikationsreihe diente den avantgardistischen Künstlern der korrespondierenden Vereinigung „Gläserne Kette“ – wozu die Brüder Bruno und Max Taut gehörten – zur Veröffentlichung ihrer auf den Kristall- und Glasfantasien des expressionistischen Schriftstellers Paul Scheerbart (1863-1915) aufbauenden Entwürfe. Max Taut war zudem ein Verehrer der konstruktiven Gotik.
So wurde aus armiertem Beton und Tuffsteinen bis 1923 ein Grabmal errichtet, das die expressionistische, kristalline Interpretation eines gotischen Gewölbes darstellt. Ursprünglich sollte das Grabmal – teils als Mosaik – die Farben Blau, Rot und Gold tragen. Realisiert wurde eine nach dem Entwurf von Otto Freundlich in Beton gegossene Grabplatte für Julius Wissinger. Sie trug die symbolistische Darstellung des aus der jüdischen Kabbala herrührenden Schöpfungsmythos vom Golem und seinen Adepten.
Auf Grund zahlreicher Proteste von Grabeignern aus dem Umfeld der Grabanlage Wissinger unterblieb die farbige Fassung und 1923 erfolgte sogar die Beseitigung der Betonskulptur. Das Grabmal wurde 1989 und 2004 grundlegend saniert. Seit 2001 besteht eine Grabpatenschaft für die Grabanlage Wissinger.
Quelle Text: https://wo-sie-ruhen.de/friedhoefe?stadt=20&friedhof=18